Anleger mussten im ersten Halbjahr 2022 starke Nerven beweisen. Abgesehen von Rohstoffen und Aktien aus dem Energiesektor weisen nahezu alle Anlageklassen und Anlagensegmente Verluste auf. Die globalen Aktienmärkte mussten das schlechteste erste Halbjahr der Börsengeschichte verkraften. Der S&P 500 gab um mehr als 20 Prozent und die Technologiebörse Nasdaq sogar um 29 Prozent nach. Zehnjährige US-Staatsanleihen verloren 11 Prozent, US-Unternehmensanleihen aus den Segmenten „High-Yield“ und „Investment-Grade“ sogar jeweils 14 Prozent. Gold bot keine Sicherheit und Bitcoin hält stellvertretend für Kryptowährungen die rote Laterne mit einem Verlust von 58 Prozent.

Die schmerzhaften Verluste sind nachvollziehbar angesichts der globalen Herausforderungen. Mit 9,1 Prozent für den Monat Juni ist die US-Inflation weiterhin auf einem enorm hohen Niveau. In vielen anderen Ländern sieht es nicht besser aus. Der politische Druck auf die Währungshüter steigt. Und mit ihm die Wahrscheinlichkeit, dass die Geldpolitik zunehmend gestrafft wird und die weltweite Liquiditätsschwemme, von der bis vor kurzem noch alle Anlageklassen profitierten, ihr Ende findet. Darüber hinaus sind die monetären Hilfspakete der Politik als Antwort auf die Corona-Krise größtenteils ausgelaufen. Folglich müssen die Kapitalmärkte einen Paradigmenwechsel sowohl der Geld- als auch der Fiskalpolitik verkraften. Er befeuert Rezessionsängste und macht das Erzielen von inflationsbereinigt attraktiven Renditen zunehmend anspruchsvoller. Hinzu kommt, dass ein von vielen Marktteilnehmern erhofftes schnelles Ende des Ukraine-Krieges scheinbar in weite Ferne gerückt ist. Ernstzunehmende Friedensverhandlungen sind derzeit nicht auszumachen. Eine Wiederaufnahme russischer Gaslieferungen nach Europa durch die Pipeline Nord Stream 1 kann für das Ende der Wartungsarbeiten am 21. Juli 2022 nicht garantiert werden. Die Nervosität in Deutschland ist greifbar. Ein vollständiger Lieferstopp würde die Energiekrise dramatisch verschärfen. Der Devisenmarkt spiegelt die angespannte Lage wider: Zum ersten Mal seit dem Jahr 2002 fiel der Euro auf Parität zum US-Dollar. Und zu allem Übel stottert gerade jetzt der globale Wachstumsmotor China. Dort halfen frühere Wachstumsraten von 10 Prozent und mehr einer zusehends globalisierten Weltgemeinschaft, um die Dotcom-Krise (2001/2002) und die große Finanzkrise (2008/2009) zügig verarbeiten zu können. In diesem Jahr allerdings werden die von Peking angestrebten 5,0 bis 5,5 Prozent Wirtschaftswachstum aufgrund der fragwürdigen 0-Covid-Strategie kaum zu erreichen sein. Zumal der Ukraine-Krieg zwar Europa und die USA enger zusammenrücken lässt – aber auch Russland und China. Eine antiwestliche Blockbildung der beiden Staaten kann nicht mehr ausgeschlossen werden.

Mehr denn je stehen Investoren vor der Frage, auf welche Anlageklasse sie in einem derart anspruchsvollen Umfeld setzen sollen.

Der GANÉ-Fokus liegt derzeit auf kurzlaufenden Staatsanleihen, Bargeld und Aktien. Staatsanleihen mit einer kurzen Restlaufzeit und einem geringen Ausfallrisiko sind in Europa und in den USA aufgrund der jüngsten Renditeanstiege wieder zu attraktiven Geldmarktersatzpapieren geworden. Mit ihnen kann Liquidität ohne Strafzinsen taktisch geparkt werden. Gleichzeitig ist die Flexibilität gegeben, um Opportunitäten jederzeit antizyklisch ergreifen zu können, sollte die Volatilität am Kapitalmarkt überschießen. Daneben bleiben Aktien für GANÉ weiterhin die bevorzugte Anlageklasse. Allerdings unter Auswahl langfristiger Gewinner-Unternehmen sowie entscheidender Kriterien:

1. Ein kontinuierliches Wachstum der freien Cashflows – also der Bargeldüberschüsse nach Abzug von Erhaltungsinvestitionen. Dies bedingt eine geringe konjunkturelle Zyklizität der Unternehmen und ermöglicht zugleich attraktive und steigende Ausschüttungsrenditen. Die Kombination aus Dividenden und umfangreichen Aktienrückkäufen sorgt für ein Mehr an Stabilität im Portfolio.

2. Angesichts der Inflation ist eine überdurchschnittliche Preissetzungsfähigkeit der Unternehmen entscheidend. Starke Geschäftsmodelle mit hohen Rohertragsmargen können Kostensteigerungen abfedern. Ihnen gelingt es besser, Teuerungen auf Konsumenten zu überwälzen.

3. Unternehmen mit geringer Kapitalintensität tun sich leichter. Sie konnten in den vergangenen 30 Jahren eine Outperformance gegenüber Industrieunternehmen erzielen und sollten das in den kommenden Jahren, insbesondere angesichts der anhaltenden Rohstoff-, Energie-, Digitalisierungs- und ESG-Entwicklung, auch in der Zukunft erreichen.

Mit Augenmaß, Weitblick und der richtigen Auswahl an prosperierenden Unternehmen blickt GANÉ trotz aller Unsicherheiten und Herausforderungen zuversichtlich in die Zukunft.

Autor:
Marcus Huettinger Kapitalmarktstratege
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