Die globalen Aktienmärkte zeigten in den vergangenen Monaten eine beeindruckende Stärke bei erstaunlich niedriger Volatilität. Eine der längsten Handelsperioden ohne fünfprozentige Tageskorrektur ging am 5. August 2024 zu Ende. Mit Eröffnung der Börse verlor die Technologiebörse Nasdaq 900 Punkte bzw. mehr als fünf Prozentpunkte. Der japanische Aktienindex TOPIX büßte in nur drei Handelstagen 20 Prozentpunkte ein. Das „Börsenbarometer der Angst“, der Volatilitätsindex VIX, schnellte auf ein Niveau in die Höhe, das man zuletzt in der Finanzkrise 2008, der europäischen Staatsschuldenkrise 2011 und der Corona-Krise 2020 gesehen hatte.

Wie konnte es nach so langer Zeit ohne ernsthafte Rücksetzer zu einer solch schnellen und aggressiven Korrektur kommen? Der US-Arbeitsmarktbericht des Monats Juli zeigte eine schwächere Entwicklung der Konjunktur als erwartet. Ein über den Erwartungen des Marktkonsens liegender Anstieg der US-Arbeitslosenquote auf 4,3 Prozent brachte die Sorge vor einer Rezession in den USA zurück. Da die US-FED bisher die Hoffnung vieler Markteilnehmer auf Zinssenkungen in diesem Jahr noch nicht erfüllen konnte, machte sich die Angst vor einer zu spät agierenden Zentralbank „hinter der Kurve“ breit. Zusätzlich führte eine Leitzinserhöhung in Japan und die von der Zentralbank „Bank of Japan“ überraschend kommunizierte Aussicht auf einen stetigen Zinsanstieg zu einer rasanten Aufwertung des japanischen Yen. Da die tiefen japanischen Zinsen in der Vergangenheit für günstige Anlagekredite genutzt wurden, führte der Währungsanstieg zu einer rapiden Auflösung von spekulativen Aktienpositionen. Zusätzlich trugen die durchwachsenen Quartalsergebnisse zu einer gewissen Ernüchterung bei, betreffend die zu erwartenden KI-getriebenen Gewinnschübe von Technologieunternehmen.

Schnell entbrannte unter den führenden Volkswirten eine lebhafte Diskussion, ob die aktuelle Gemengelage zu einer globalen Rezession und potentiell sogar zu Notfall-Zinssenkungen der US-Zentralbank führen könnte. Während die aktuellen Arbeitsmarktdaten in ihrer Breite zwar gegen einen scharfen Einbruch der globalen Konjunktur sprechen, fokussiert sich GANÉ trotzdem weiterhin auf Aktien von Unternehmen, die von einer geringen Kapitalintensität profitieren, eine niedrige Verschuldung und ein hohes Maß an Sicherheit bei den zu erwartenden Bargeldüberschüssen aufweisen.

Unabhängig von einer möglichen Rezession in den USA, der wichtigsten Volkswirtschaft als globaler Gradmesser, zeigt sich nämlich schon jetzt, dass die gestiegenen Finanzierungskosten, wie von uns erwartet, in einzelnen Ländern zu einem rasanten Anstieg von Unternehmenspleiten führen. Zum Beispiel in Deutschland: Laut einer Studie des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle (IHW), liegt die Anzahl der Insolvenzen derzeit um rund 45 Prozent über dem Durchschnitt der Jahre vor der Corona-Pandemie (2016-2019). Viele Unternehmen kollabieren regelrecht unter der Last von höheren Anschlussfinanzierungen. Die Pleitewelle ist losgerollt. Wir gehen davon aus, dass es weitere Unternehmen, insbesondere im europäischen Hochrisikosegment „High Yield“, aus der Kurve tragen wird. Daher bleiben wir im festverzinslichen Bereich weiterhin auf kurzlaufende Staats- und Unternehmensanleihen mit sehr guter Bonität und Liquidität fokussiert, zumal die Risikospreads weiterhin unverhältnismäßig niedrig sind.

Autor:
Marcus Huettinger Kapitalmarktstratege
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