Nach einem historisch schlechten Börsenjahr 2022 starteten die Kapitalmärkte furios in das Jahr 2023. Der europäische Aktienindex EURO STOXX 50 legte den besten Jahresauftakt seit seiner Einführung im Jahr 1987 aufs Parkett. Hierfür gab es einige Gründe: Die Wiederöffnung der chinesischen Volkswirtschaft nach einem überraschenden Ende der Zero-Covid-Strategie, nachlassende Rezessionssorgen in Europa, fallende Energie- und Rohstoffpreise sowie eine insgesamte Beruhigung an der Inflationsfront und vor allem die Hoffnung auf eine zeitnahe Kehrtwende der restriktiven US-Geldpolitik.
Nun fragen sich viele Marktteilnehmer, ob derzeit nicht zu viel Euphorie vorherrscht. Zugegeben, die Kurse standen letztes Jahr sehr tief und auch GANÉ konnte attraktive Einstiegschancen bei Aktien und Anleihen nutzen. Aktien von sorgsam ausgewählten Gewinner-Unternehmen bieten für uns weiterhin langfristig die größten Renditechancen aller Anlageklassen. Gleichwohl gibt es keinen Grund zur Euphorie. Die Herausforderungen für die Kapitalmärkte bleiben groß.
Der Krieg in der Ukraine wird aller Voraussicht nach kurzfristig kein Ende finden, die Wachstumserholung in China kann Rohstoffpreise schnell wieder verteuern und die massiv angestiegenen Lohn- und Kapitalkosten in den USA und in Europa lasten auf den Margen der Unternehmen. Zumal sich Konsumenten diesseits und jenseits des Atlantiks zukünftig in Zurückhaltung üben dürften. Zusätzlich preist der Kapitalmarkt in den USA schon jetzt Zinssenkungen für die zweite Jahreshälfte ein. Der Rückgang der US-Inflationsrate von 9,1 Prozent im Juni 2022 auf 6,5 Prozent im Dezember 2022 und die Sorge vor einer Rezession speisen die Hoffnung auf einen frühzeitigen Strategiewechsel der US-Zentralbank. Obwohl die restriktive Geldpolitik erste Erfolge in den USA zeigt, bekräftigte FED-Chef Jerome Powell erneut, dass noch viel Arbeit vor den Währungshütern auf dem Weg zur Preisstabilität liege. Kein Wunder – die Kerninflationsrate liegt mit 5,7 Prozent noch immer weit über dem angepeilten Ziel von 2 Prozent. Gleichzeitig spricht die mit 3,4 Prozent niedrigste Arbeitslosenquote seit dem Jahr 1969 weiterhin für eine eher langsame Abkühlung des überhitzten Arbeitsmarktes. Zinssenkungen erwarten wir daher nur für den Fall, dass eine scharfe Rezession die Arbeitslosigkeit sprunghaft ansteigen oder die Kerninflation stark fallen lässt.
GANÉ geht bei der Auswahl von Aktien und Anleihen mit sehr viel Augenmaß und Weitsicht vor. Unsere Unternehmen müssen in der Lage sein, auch im Fall von ausbleibenden Zinssenkungen, mit höheren Finanzierungskosten umgehen zu können. Gleichzeitig müssen strukturelle Werttreiber stark genug sein, damit die Unternehmen eine sich eintrübende Konsumentenstimmung unbeschadet überstehen. Deshalb bleiben hohe Rohertragsmargen, ein solides Wachstum der Bargeldüberschüsse nach Abzug von Erhaltungsinvestitionen und eine geringe Kapitalintensität Kernbestandteile unserer Aktienselektion. Für Anleihen steht weiterhin die Sicherheit der zu erwartenden Kuponzahlungen im Vordergrund. Gerade im aktuellen Umfeld achten wir im Anleihesegment verstärkt auf stabilisierende Events wie Kapitalerhöhungen, weil erfolgreiche Sanierungsmaßnahmen zu einer Verbesserung des Credit-Ratings und somit zu einem positiven Rating-Trigger beitragen können. Für Euphorie sehen wir keinen Grund – aber für eine gut begründete Zuversicht, um das uns anvertraute Kapital langfristig erhalten und mehren zu können.